Fragen und Antworten

 

 

 

 

Am 4. April 2005 schrieb uns Herr S.Z.:

Subject: Kirchenaustritt / Kircheneintritt?

Liebe Freunde,
vor einigen Jahren bin ich aus der katholischen Kirche ausgetreten. Ich bin katholisch getauft; bin ich kirchenrechtlich immer noch katholisch? Ich habe meinen Entschluss bereut und war in der Zwischenzeit auch wieder in der Kirche. Wie ist mein "Status" aus Sicht der Kirche? Vielen Dank.

S.


Unsere Antwort:

Lieber Herr S.,
über die kirchenrechtlichen Konsequenzen eines Kirchenaustritts sind sich die Rechtsexperten nicht ganz einig. Die einen sagen, dass man nach dem Kirchenrecht überhaupt nicht aus der Kirche austreten kann, weil die durch die Taufe entstandene Kirchenzugehörigkeit (c. 96 CIC) wegen des unauslöschbaren Merkmals der Taufe (vgl. c. 849 CIC) niemals erlöschen kann. In dieser Sicht könnte man Ihre Frage beantworten: Ja Sie sind noch katholisch.

Andere verweisen darauf, dass jemand durch einen formalen Akt aus der Kirche austreten kann, wenn der Wille, nicht mehr der katholischen Kirche anzugehören, in einer beweisbaren kirchenöffentlichen Form manifestiert wurde (z.B. Übertritt zu einer anderen Kirche oder Religionsgemeinschaft). Ob aber der durch staatliches Recht geregelte Kirchenaustritt (Erklärung vor dem Amtsgericht, Standesamt oder Einwohnermeldeamt) den Anforderungen eines Formalaktes entspricht, darüber gibt es immer noch unterschiedliche Expertenmeinungen (vgl. Felix Bernard: Grundkurs Kirchenrecht. Bonn: KNA 1997, S. 17).

Zu beachten ist freilich auch die Erklärung der deutschen Bischöfe vom 22.12.1969, welche die kircheninternen Wirkungen eines Austritts unterstreicht: "Der katholische Christ, der vor den staatlichen Behörden seinen Kirchenaustritt erklärt und sich auf diese Weise der Besteuerung entzieht, verletzt damit vor der Öffentlichkeit unserer Gesellschaft die gebotene Solidarität in so grober Weise, daß die kirchliche Gemeinschaft dies unter keinen Umständen hinnehmen darf. An der Gemeinschaftswidrigkeit dieses Verhaltens kann auch ein die Austrittserklärung einschränkender Zusatz nichts ändern ... Die Ausübung der Grundrechte eines katholischen Christen ist untrennbar von der Erfüllung seiner Grundpflichten. Wenn also ein Katholik seinen Austritt aus der Kirche erklärt - aus welchen Gründen auch immer -, so stellt dies eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft dar. Er kann daher am sakramentalen Leben erst wieder teilnehmen, wenn er bereit ist, seine Austrittserklärung rückgängig zu machen ..."

Dennoch lässt sich nach der Meinung von Felix Bernard der im Zusammenhang mit einer Kirchensteuerenthaltung vollzogene Kirchenaustritt "nicht eindeutig in die vom kirchlichen Gesetzbuch umschriebenen Straftatbestände einordnen." Eindeutiger sei es, wenn der Kirchenaustritt "einen Verstoß gegen den Glauben und ein Lossagen von der Kirche zum Ausdruck bringt"; in einem solchen Falle "zieht er die Exkommunikation als Tatstrafe nach sich (vgl. c. 1364 § 1 i. V. m. c. 751 CIC). Die von der katholischen Kirche durch formalen Akt Abgefallenen unterliegen bis auf einige Ausnahmen grundsätzlich weiterhin den kirchlichen Gesetzen (vgl. c. 11 CIC). Die Ausnahmen von dieser Generalnorm sind im kanonischen Eherecht zu finden (vgl. cc. 1086 § 1; 1117; 1124 CIC). Danach sind diejenigen, die sich durch einen formalen Akt von der katholischen Kirche getrennt haben, nicht an die kanonische Eheschließungsform gebunden." (a.a.O., S. 18) - Darauf wurde ja schon in unserer vorhergehenden Antwort auf eine Leserfrage vom 28. Februar eingegangen.

Soweit die einschlägigen amtskirchlichen Aussagen zum Kirchenaustritt. Die Formulierungen irritieren vielleicht und lassen möglicherweise nicht immer das Grundprinzip der Kirche durchscheinen, für die ja das Kirchenrecht da ist: die Liebe innerhalb des Leibes Christi und die pastorale Sorge nach dem Vorbild Jesu, des Guten Hirten, der sogar für ein einzelnes Schaf seine Herde lässt. Aber: "Das Recht ist nicht der Gegensatz zur Liebe, sondern das Minimum der Liebe, ohne das die Liebe gar nicht glaubwürdig und echt sein kann" (Walter Kasper). - Und auch das sollten wir nicht vergessen, auch wenn amtskirchliche Verlautbarungen manchmal anders klingen: Seit dem 2. Vatikanischen Konzil ("Lumen gentium") wurden offiziell die Grenzen von Kirche weiter gezogen. Sie gehen über den Bereich des Römisch-Katholischen hinaus.

In der Hoffnung, dass Sie weiterhin Heimat in der Kirche finden können

 


 
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